Barrierefreies Festival der Künste

31. Mai – 2. Juni 2024

Kulturwerkstatt Auf AEG, Nürnberg

LEICHTE SPRACHE


Wo sind die normalen Leute?


Im IDYLLEREI-Kunstraum machen wir Kunst.


Im Mai machen wir ein Festival.


Das Festival heißt IDYLLEREI-24.


Ein Festival ist eine große Feier für viele Menschen.


Auf unserem Festival gibt es Bilder zum Anschauen.


Künstler*innen mit Behinderungen haben die Bilder gemacht.


Wir wollen über die Bilder sprechen.

 

In Museen und auf großen Ausstellungen hängen viele Bilder.


Aber sehr wenige Bilder von Menschen mit Behinderungen.


Oder gar keine Bilder von Menschen mit Behinderungen.


Wir sind neugierig:


Warum ist das so?


Wer bestimmt das?


Wer entscheidet, was Kunst ist?

 

Du kannst auf dem Festival auch selbst Kunst machen.


Du kannst etwas malen.


Oder du kannst etwas bauen.

 

Dafür gibt es Work-Shops, sprich „wörk schops“


Das ist Englisch.


Es bedeutet Lehr-Gänge.


Hier kannst du Künstler*innen kennen lernen.

 

Bei der IDYLLEREI-24 gibt es auch Musik.


Es spielen mehrere Musiker*innen auf der Bühne


und es wird Musik aufgelegt.

 

Es gibt auch Kunst-Filme.


Auf dem Festival kannst du Filme anschauen.


Es gibt auch Künstler*innen, die tanzen.


Auf dem Festival kannst du bei einer Tanz-Vorstellung zuschauen.

 

Wann ist die IDYLLEREI-24?

 

Beginn: Freitag, 31. Mai, 18 Uhr

Ende: Sonntag 2. Juni, 21 Uhr

 

Wo ist die IDYLLEREI-24?

 

In der Kultur-Werkstatt Auf AEG

Fürther Straße 244d

90429 Nürnberg


Die Kultur-Werkstatt Auf AEG ist in der Nähe der U-Bahn Haltestelle Eberhardshof.



Die IDYLLEREI ist ein Atelier, in dem Bildende Kunst entsteht. Es ist ein geschützter Raum für Künstler*innen mit Behinderung. Wir entwickeln dort zusammen Ausstellungsprojekte, setzen Impulse in der Stadtkultur und sind Teil des internationalen Outsider-Art Geschehens. 


Im Mai und Juni 2024 veranstalteten wir in Nürnberg das zweite große IDYLLEREI-Festival für inklusive Kunst in der Kulturwerkstatt Auf AEG. Zur Vorbereitung des Festivals gab es ein Festivalbüro in der Innenstadt. Mit Planungstreffen und Workshops konnten wir dort die Zusammenarbeit mit Vertretern der Nürnberger Kulturszene vertiefen und diese auch in das Festival einbinden. Als Erfolg verbuchen wir auch, dass wir das in Nürnberg ansässige Institut für moderne Kunst als Kooperationspartner gewinnen konnten.


Über 100 Mitwirkende aus verschiedenen Ländern Europas sowie aus Kuba und den USA reisten persönlich in die Kulturwerkstatt oder schickten uns Bilder, Filme und Objekte. Aus Konzerten, Theaterproduktionen Vorträgen und Workshops entstand ein umfangreiches, inklusives Festivalprogramm. Wir suchten dazu bei den Mitwirkenden nach hoher künstlerischer Qualität von internationaler Relevanz (s.u.).

So brachten wir etwa 1.500 Besucher*innen zum Festival, zum Staunen und sicher auch zum Umdenken. Das Publikum des Festivals erschien uns in jeder Hinsicht vielschichtig. Wir sahen Junge und Alte, Familien mit Kindern, Menschen mit Behinderungen, mit nonbinärer Orientierung oder mit diversen kulturellen Hintergründen. Angeregt durch ein umfangreiches Kulturangebot blieben viele Besucher mehrere Stunden auf dem Festival oder kamen an mehreren Tagen. Die Workshops, Aufführungen, Filme, Konzerte, Vorträge und Diskussionen waren durchweg gut besucht. Abends trafen wir uns zur Entspannung bei Musik und Drinks und feierten mit Semi Curado von la ola electrónica, einem DJ-Kollektiv aus Nürnberg.

Durch die Begehung mit dem Behindertenrat der Stadt Nürnberg kamen wir darauf, einzelne Programmpunkte für taube Menschen bereits im Vorfeld zu bewerben. Dadurch erreichten wir eine größere Gruppe aus der Gehörlosen-Community und unsere Gebärdendolmetscherinnen waren pausenlos im Einsatz.

Neben den üblichen Werbemaßnahmen kommunizierten wir das Festival auf unseren Social-Media-Kanälen (z.B. auf https://www.instagram.com/idyllerei/). Viele Menschen, die sich für das Festival interessierten, fühlten sich so auch persönlich angesprochen und konnten Hemmungen abbauen, die sie sonst vielleicht am Besuch gehindert hätten.


Wir haben dadurch gelernt, dass die größten Barrieren in den Köpfen der Menschen existieren. Technische Hindernisse lassen sich tatsächlich leichter überwinden.


Wegen anhaltender Unwetterwarnungen durfte ein Teil des Festivals nicht wie geplant im Außenbereich stattfinden, sondern musste nach innen verlegt werden. Das Team der Kulturwerkstatt konnte unser Notfallprogramm ohne Verzögerungen umsetzen.


Im Zentrum des Festivals stand auch in diesem Jahr eine große Ausstellung von Künstlern und Künstlerinnen aus den Ateliers, Kollektiven und Sammlungen der Art Brut, Outsider Art und der inklusiven Kunstszenen Europas. Sie repräsentieren eine Bewegung in der zeitgenössischen Kunst, die zunehmend Einfluss auf das heutige Kunstgeschehen ausübt.


Ladislav Svoboda ist ein Künstler und Autor aus Prag, der seine Geschichten in schillernd leuchtenden Farbmustern auf Leinwand platziert.


Aus Belgrad erreichten uns zarte, filigrane Arbeiten auf dünnem Papier von Radmila Kacarevic, Joskim Siljan und Zivota Milanovic.


Der Ingenieur-Künstler oder Künstler-Ingenieur Karl-Hans Janke aus Wermsdorf in Sachsen, entwarf bereits in den 1940er und 50er Jahren futuristisch-fantastische Konstruktionen für alle möglichen Lebensbereiche, unter anderem auch für Flugzeuge und Raumschiffe. Das aus seinem Nachlass hervorgegangene Museum zeigte einige seiner detailliert ausgearbeiteten Zeichnungen.

Markus Meurer lebt in NRW und ist deutschlandweit bekannt für seine faszinierenden Objekte aus Draht, Schrott und Verpackungsmaterial.


Aus Berlin besuchten uns die Werkstatt Thikwa mit Deniz Dogan (Firmenlogos des Alltags in Keramik), Peter Pankow (Portraits) und und die Kunstwerkstatt Mosaik sowie Oskar Zaumseil mit seinen aufs Wesentliche reduzierten Zeichnungen und Grafiken.


Aus Skandinavien besuchten uns zwei Ateliers: INUTI aus Stockholm, eines der größten Studios Europas, und das Kulturcentrum Skåne aus Südschweden, einer Art Akademie der Künste und Produktionsstätte zugleich. INUTI präsentierte Malin Karlsson mit feinen Scherenschnitten, deren gespiegelte Botschaften ein wenig an Spitzendeckchen aus vergangenen Zeiten erinnern. Aus Skåne erhielten wir ein Zine und alle Materialien die zu dessen Herstellung verwendet wurden, sodass wir eine ganze Wand aus bemalten und beschriebenen Schnipseln zusammenstellen konnten.


Seit einigen Jahren pflegen wir einen guten Kontakt mit Galerie Atelier Herenplaats aus Rotterdam. Die Holländer präsentierten die Malerin Lydia Dencher. Die Künstlerin zeigt häufig Architektur in Verbindung mit menschlichen Gestalten oder Gesichtern. Dabei schichtet sie über Monate hinweg Ölfarbe auf Leinwand, sodass im Ergebnis eine Mischform zwischen pastoser Malerei und Relief entsteht.


Das Kollektiv Rohling aus Bern (CH) präsentierte Arbeiten und Videos von Künstlerinnen und Künstlern aus dem eigenen Atelier und war mit dem erfolgreichen Künstler Clemens Wild beim Podiumsgespräch am Sonntagnachmittag beteiligt.


Renommierte deutsche Ateliers wie Geyso 20 aus Braunschweig, die Galerie der Villa aus Hamburg, sowie der KunstContainer aus Osnabrück ergänzten mit den Werken der Künstlerinnen und Künstler aus ihren Reihen die Vielfalt des Festivals.


Ausstellungs-Specials


Haile-King Rubie ist ein furios begabter Maler aus Harlem. Wir haben ihn im vergangenen Jahr auf der Outsider Art Fair in New York kennengelernt und ihn gleich eingeladen, nach Nürnberg zu kommen. Er konnte tatsächlich aus den Vereinigten Staaten anreisen und mit seinen expressiven Arbeiten auf dem Festival zugegen sein.


Das Riera Studio aus Havanna beeindruckte das Publikum bereits 2022 auf der documenta in Kassel. Wir freuen uns sehr, dass wir einige der spannenden Arbeiten aus Kuba zeigen konnten.


Kunstschaffende mit Behinderungen ohne das schützende Dach eines Outsider-Ateliers oder den regelmäßigen Umgang mit anderen Menschen sind oftmals Einzelkämpfer und Einzelkämpferinnen. Sei es, dass sie den einsamen Weg zu ihrer Kunst bewusst suchen, oder sei es, das ihre Lebensbedingungen dazu führten. Wir haben einige jener außerordentlichen Persönlichkeiten eingeladen – die oft am Rande des Scheinwerferlichts arbeiten – und wollten damit vor allem eines herausstellen: dass sie Künstlerinnen und Künstler sind.


Festival-Programm


Workshops


Harald Kienle Nürnberg

Stapeln und Schichten

3-Tages-Holzbauprojekt zum Mitgestalten für Menschen mit und ohne Behinderung


quellkollektiv e.v. & Hendlmeier Studios Nürnberg

Soziales Handlungsfeld – Im Schwarm

Die Künstler*innen und Besucher*innen des Festivals präsentierten sich gemeinsam als Schwarm. Sie nahmen einander wahr und reagierten aufeinander. Die Workshops waren so angesetzt, dass das Schwarmverhalten, das Netzwerk und der Gestaltungsprozess einer entstehenden Schwarmstruktur ersichtlich wurden.


Diana Niepce Porto, Portugal

The Knowing Body

Tanzworkshop für Menschen mit und ohne Behinderung in englischer Sprache, mit Übersetzung. Diana ist daran interessiert, den Körper von innen heraus zu betrachten, als einen Ort der Möglichkeiten, Zustände und Perspektiven.


Tanz / Theater


The-GUTS-Company Dresden

Auf der Suche nach dem verlorenen Schnee

Ein Mixed-Abilities-Tanzstück für Kinder ab vier Jahren. Drei Tänzerinnen nahmen das Publikum mit auf eine Reise durch unterschiedliche Wetterlagen und erzählten aus tierischer Perspektive von den Folgen der Klimaerwärmung. Anschließend: Spiel auf der Bühne


Diana Niepce Porto, Portugal

DUET

Die Tänzerin und Choreografin Diana Niepce kommt mit ihrer europaweit gezeigten Produktion nach Nürnberg. „Wir existieren mit dem Anderen, in einem Konflikt, der Liebe und Tod zusammenbringt. Es gibt einen Kampf, der diese Beziehung impliziert, und nur auf diese Weise können wir eine Wahrheit in der Intimität leben.“ Anschließend: Publikumsgespräch 


Filme


All the Beauty and the Bloodshed

USA 2022, 117 Min.

Dokumentarfilm der Oscar-Preisträgerin Laura Poitras über das Engagement der Künstlerin Nan Goldin gegen einen schädigenden Pharma-Konzern in den USA.

Filmmaterial und Interviews illustrieren Leben und Arbeit der Fotografin und Aktivistin Nan Goldin.

Sie führte kürzlich einen erfolgreichen Kampf gegen das Unternehmen Purdue Pharma an, das für die Opioid-Epidemie in den USA verantwortlich gemacht wird, deren Eigentümer aber gleichzeitig mächtige Philanthropen der internationalen Kunstwelt sind.

Diverse Museen beendeten aufgrund von Protesten schließlich die Zusammenarbeit und im Oktober 2020 wurde Purdue Pharma zu Milliardenstrafen verurteilt.


Schule der Liebenden

NL/CH 2023, 45 Min.

Aufklärungsfilm 2.0 von Melanie Bonajo, Daniel Cremer, Yanna Rüger und dem Ensemble des Theater HORA. Was wäre das für eine Schule gewesen, in der wir all die Dinge gelernt hätten, die uns in der Realität niemand beigebracht hat? Wie man ein Ja und ein Nein im Körper fühlt und kommuniziert; wie man flirtet, seine Grenzen wahrt, achtsam berührt und wie man sich selber liebt?

Der Kurzfilm SCHULE DER LIEBENDEN ist Teil einer humorvollen, sensiblen, ermächtigenden und genresprengenden Kunsterfahrung zum Thema Liebe und Intimität für Menschen mit und ohne Behinderungen. Anschließend: Gespräch mit den Schauspieler*innen


Konzerte


STATTWERK Nürnberg

Elektro-Garage

Inklusives Musikduo aus Nürnberg

Daniel Moser, Reinhold Stubenrauch


Bozsik und Renato

Duo aus Wil (in der Schweiz) mit eigensinnigen Interpretationen scheinbar bekannter Stücke aus Rock & Pop


DAIN FAHRDIENST

Dain Fahrdienst ist eine Dienstleistungsband aus Hamburg, die aus einem Projekt für das Buch „Kreiselverkehr“ (eine Autobiografie von Heidi Fischer) hervorgegangen ist.


Vorträge und Diskussionen


Marc Steene Brighton, England

Marc ist Direktor und Gründer von Outside In, einer preisgekrönten Kulturorganisation in England, die sich für eine gerechtere Kunstwelt einsetzt und die Vielfalt der Kunstschaffenden in der Gesellschaft feiert.


Josef Schovanec Alfortville, Frankreich

Josef Schovanec ist ein französischer Philosoph, Schriftsteller und Reisender tschechischer Abstammung und Gründer der Nation Autistan. Er setzt sich für die Würde von Menschen mit Autismus ein.


Sophie Brunner Bern, Schweiz

„Man hat mehr Tools und Finger“, beschreibt Sophie Brunner das Gefühl, im inklusiven Kollektiv und Atelier Rohling in Bern Kunst zu machen. Sie sprach über die Frage, inwieweit die kuratorische Praxis den Prozess einer Neuordnung unterstützen kann, die Künstler*innen in den Kunstbetrieb einbezieht bzw. sie selber sprechen lässt.


Institut für Moderne Kunst Nürnberg

Wer bestimmt eigentlich, was Kunst ist?

Podiumsgespräch: Sechs Fachleute aus der Kunstwelt näherten sich dem Thema und untersuchten, wie ein Begriff von Kunst im Kunstgeschehen zustande kommen kann.

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